Uerdingen war Jahrhunderte der Umschlagplatz für Waren aus fernen Ländern die hier umgeladen und in das Hinterland transportiert wurden. Der “Uerdinger Hafen” ist das langgezogene Flussufer des Rheins entlang der Stadtmauer. Die Stadt Uerdingen war zudem ein wichtiger Zollort, bis zu vier unterschiedliche Zölle wurde hier erhoben.
Sehenswert ist das Uerdinger Werft, die heutige Uerdinger Promenade, das Uerdinger Zollamt, der sich unmittelbar anschließende historische Stadtkern Uerdingens.
Geschichte und Hintergund Rheinwerft
Das Rheinwerft bestand ursprünglich nur aus einem unbefestigten Ufer entlang des Rheins, unmittelbar vor dem Rheintor der Stadt Uerdingen. Schiffe legten dort an und Waren wie Holz, Salz, Kalk, Zuckerrohr und Kolonialwaren aus fernen Ländern, Kohle wurden entladen.
Während des 17. und 18. Jahrhunderts fand am Niederrhein unter Anderem zwischen Kurköln, Brandenburg- Preußen, den Hohenzollern ein starker Wettbewerb um den Rheinhandel statt. Nach niederländischem Vorbild wurden Zollabgaben von Kurköln in Rheinberg, Kaiserswerth, Neuss und in Deutz erhoben. Nach einiger Zeit blieb am linken Niederrhein der Licent eine stehende Einrichtung, es war der Ursprung des Ausfuhr-, Eingangs-, und Transit- Zolls. Besonders Uerdingen war für Kurköln der hauptsächliche Einfuhrhafen, da durch die Versandung des Neusser Hafens die Einfuhren dort immer weiter zurück gingen.
In Uerdingen wurden für das Hinterland, die gesamte Herrlichkeit Krefeld, aber auch für Waren die bis nach Monschau oder Schleiden gingen, Zoll erhoben. Uerdingen selbst hatte Einnahmen durch den so genannten „freien Aufschlag“, der von allen Waren, die von den am Rheinufer anlegenden Schiffen direkt verkauft wurde, erhoben wurden.
Um 1600 waren dies Kohlen und auch Salz, aber auch Kalk. Seit ca. 1610 wurde in Uerdingen auch der Kaiserswerther Zoll erhoben. Durch Veränderungen der Fahrrinne des Rheins bei Rheinberg, wechselte um 1695 der Rheinberger- Zoll ebenfalls nach Uerdingen.
In Uerdingen wurden bis zu vier verschiedene Zölle erhoben, der Kaiserswerther Licent, der Soldatenzoll des Kurfürsten (vorher in Rheinberg), das städtische Uerdinger „Aufgeld“, der Land Zoll.
Dies führte in der Folge dazu, dass die Frachtgebühren bei Anlandung in Uerdingen so erheblich gestiegen waren, dass Kaufleute versuchten diese Zölle zu umgehen, indem die Schiffer schon bei Moers oder Essenberg anlegten. Man setzte als Gegenmaßnahme daher auf den Landstraßen Zollschranken ein, die aber wiederum auch findig umgangen werden konnten.
Auch ging manchmal der Handel per Schiff eine sehr kurze Strecke an Uerdingen vorbei, bis an das unter dem Einfluß der Stadt Linn stehende Ufer am “Linner Kohlplatz” und von dort aus wurden die Waren über Land dann weiter transportiert. So wurden um 1766 in Linn jährlich bis zu 12.000 Wagenladungen Kohle der Ruhrorter Kohlengesellschaft mit Bestimmungsziel Krefeld umgeschlagen.
Stromauf und Stromab gab es nun auch Bemühungen eigene Häfen zu errichten, Rechtsstreitigkeiten die mit Linn 1783 ausgefochten wurden, verhinderten dies aber erfolgreich. Rheinschiffahrt und der Güterumschlag waren über Jahrhunderte hinweg die wirtschaftliche Basis Uerdingens.
Durch die preußische Herrschaft ab 1815 wurde in Uerdingen das Preußische Haupt- Steueramt Uerdingen eingerichtet, 1852 das bis heute in Dienst befindliche Zollgebäude am Rheinwerft erbaut. Ursprünglich gab es dort noch einen weiteren Zollschuppen, der gegenüber des erhaltenen Zollschuppens einen Zollhof bildete.
Aus dem Jahr 1750 ist eine kolorierte Karte erhalten, auf der die Uferbefestigung des Rheinwerft als “Deckwerke” genauer skizziert und festgehalten werden. Offenbar wurde der Uferbereich vor dem Stadttor als Umschlagplatz und zur Verteidigung der Stadt ausgebaut.
Einhundert Jahre später wurde ein noch besserer Ausbau des Rheinwerft dringlich, denn es hatten sich in Uerdingen die ersten größeren Industriebetriebe in Form von Zuckerraffinerien gebildet. Zudem hatte bereits 1849 die Eisenbahn Uerdingen erreicht. Und die Eisenbahn stellte eine ernsthafte Konkurrenz zum Handelsweg Rhein dar. Sollte damit Uerdingens Umschlagplatz unwichtig werden?
Erste Industrieansiedlungen am Rheinufer
Im Zusammenspiel zwischen der staatlichen Eisenbahnverwaltung und der Stadt Uerdingen wurde zunächst das gesamte Ufer ausgebaut und dort eine städtische Industriebahn mit Anschluss zur staatlichen Eisenbahn am Uerdinger Güterbahnhof eingerichtet.
Zudem wurden Dampfkräne in Betrieb genommen und erste Industrieansiedlungen fanden rheinabwärts im sich dort vergrößernden Uferbereich den idealen Standort.
Auf der Fotografie oberhalb und der abgebildeten Skizze ist der Querschnitt der neuen Uferbefestigung des Rheinwerft erkennbar.
Die für die Uferregulierung zuständige Rheinstrombauverwaltung vermerkt dazu in einem Bericht, dass keine besonderen Kosten für sie entstanden seien, da die Eisenbahnverwaltung und die Stadt Uerdingen die Kosten getragen hätten.
Der nun industriell ausgebaute Uferbereich wurde durch eine rasch anwachsende Zahl von Industriebetrieben genutzt und auch gesäumt, sei es die Ölmühle Alberdingk Söhne, August Büttners Dampfkesselfabrik, die “Uerdinger Aktiensprit Fabrik” – später als “Ölfabrik Holtz und Willemsen” bekannt geworden, die Bleiwerke Röhr, “Chemische Fabriken Lienau” und “R. Wedekind & Co”, die Weinbrennerei Dujardin, bis hin zu den “Farbenwerken vorm. Weiler Ter Meer“, schon weit in Richtung Hohenbudberg.
Erhalt
Die gesamte Werftanlage ist erhalten und ist im Besitz der Hafen Krefeld GmbH & Co. KG, diese gehört zu 51% der Stadt Krefeld. Bisher wurden in deren Namen nur wenig Aktivitäten zum langfristigen Erhalt, oder einer adäquaten und erhaltenden Umnutzung begonnen.
Der Flussab gelegene Teil des Rheinwerft wird durch Reste einer historischen industriellen Bebauung eingenommen, deren Anlagen im Projekt Rheinblick zu wesentlichen Teilen überplant, der historische Uferweg und die Bebbauung sollen nicht erhalten werden.
Die Stadt Krefeld verfolgt dazu Mitte 2021 erneut den vor fast einem Jahrzehnt gescheiterten Bebauungsplan 772 Rheinblick.
Die Umgebung einer Lagerhalle wurde in Zusammenarbeit mit dem Stadtmarketing und den Uerdinger Kaufmannsbund mehrfach temporär als Rhineside Gallery bespielt.
Die historischen Uerdinger Industriegebäude im flussab gelegenen Teil der Werft sind seit Jahrzehnten ungenutzt. Das Büttner- (später Müncker) Silo ist um 2000 mit dem zugehörigen und damals sehr denkmalwert eingeschätzten Speicher kurz vor der Denkmal-Unterschutzstellung wohl zur Vorbereitung eines günstigen Verkaufs noch rasch abgerissen worden.
Die in wenigen Teilen erhaltene Büttner Dampfkesselfabrik, sowie die Büttner (später Müncker) Villa am Rheinufer sind großteils ungenutzt und verfallen. Wesentliche Teile der Ölfabrik “Holz und Willemsen” wurden aufgrund der Jahrzehnte Leerstand und den resultierenden Schäden 2020 abgerissen.
Das Zollamt ist in Betrieb und ein eingetragenes Denkmal.
Projekt Rheinblick
Das Projekt Rheinblick, aktuelle Entscheidungen und die Auswirkungen auf das Rheinwerft sind hier zu erkennen:
https://rp-online.de/nrw/staedte/krefeld/umsetzung-von-projekt-rheinblick-in-krefeld-uerdingen-greifbare-nahe_aid-59546265
Empfohlener Rundweg
Mehr lesen:
Industrie in Uerdingen
auf der Website zu Uerdingen von Horst Peterburs
Uerdinger Rheinwerft mit Zollhaus
von Christoph Becker
Holtz & Willemsen | Howinol
von Walter Buschmann